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Nachruf Gunter Lege

Werner Hennies

24. Nov. 2022

3. Mai 1998. Zwei Verabschiedungen gibt es im Gottesdienst am Sonntagmorgen: Gertrud Moorhoff wird nach 28-jähriger Tätigkeit im Gemeindebüro verabschiedet – Gunter Lege als Kirchenmusiker nach 34 Jahren.

Nun lebt er nicht mehr: Gunter Lege ist am 13. Oktober im Alter von 87 Jahren gestorben. Im Gemeindebrief Mai 1998 konnte man dieses lesen:
„... Es lässt sich kaum ausrechnen, wie oft er in diesen 34 Jahren auf der Orgelbank gesessen hat. Die Zahl der Gottesdienste, Kindergottesdienst und Andachten ist jedenfalls im vierstelligen Bereich zu suchen. Zum Orgeldienst kamen Chor und Posaunenchor.
Neben diese eher traditionellen Formen der Kirchenmusik traten andere: Gamelan-Musik, also indonesische Musik, mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
Es gab ungewöhnliche Klänge in Timotheus - einfühlsame Klangbilder zu Geschichten, Texten und Bildern. Die Kinder des Kindergottesdienstes, aber auch ältere Jugendliche haben das gern gemacht und die Gemeinde hat gemerkt: Musik ist nicht nur einfach ‘schön‘ - Musik ist viel mehr, kann viel mehr. Wir werden das sehr vermissen, im Kindergottesdienst, in dem Kinder Spaß am Mitmachen bekamen, in den Familiengottesdiensten, die ganz wesentlich auch davon gelebt haben, dass es Musik gab mit vielen Mitmachern. Musik und Lieder sind nicht etwas, das ‚auch noch‘ dazugehört - sie sind immer Teil des Gottesdienstganzen. Besonders genannt werden sollen auch die Andachtsreihen in der Advents- und Passionszeit. Und dann gab es die Waldhäuser Serenaden – Musiken zum Zuhören und Mitsingen. Bei den Serenaden merkte die staunende Gemeinde, dass Gunter Lege nicht nur Kirchenmusiker in Timotheus war, sondern dass er komponierte - ganz andere Musik in ungewöhnlichen Besetzungen...“

In der Tat: dieser Teil seiner Arbeit ist in der Gemeinde eher selten wahrgenommen worden. In der Kirche und im Gemeindehaus fielen am ehesten sonderbare Depots auf mit Gegenständen, die auch auf den zweiten Blick nicht an Musikinstrumente erinnerten – „Klangerzeuger“ ist wohl der richtigere Ausdruck. Experimentelle Musik, neue Musik – Gunter Lege hatte in diesen Bereichen einen Namen.

Natürlich war mit dem Ruhestand die Musik nicht aus. Gamelan-Workshops, Konzerte, Musikreisen nach Nepal und in die Südsee hat er weiterhin unternommen – und gelegentlich auch einen Orgeldienst in Timotheus.

Einen Großteil seines musikalischen Nachlasses hat Gunter Lege der Niedersächsischen Landesbibliothek übergeben. Einen Koffer mit Noten und anderen Erinnerungsstücken, die mit seiner Tätigkeit in Timotheus zu tun haben, erhielt die Gemeinde. Sein umfangreiches Gamelan-Instrumentarium hat er dem Landesmuseum geschenkt, das regelmäßig Workshops auf diesen Instrumenten anbietet.

Zum Schluss soll er selbst zu Worte kommen. So hat er sich 1998 im Timotheus-Gemeindebrief verabschiedet - im Zusammenhang der Ankündigung einer „Waldhäuser Serenade“:
„Neben dem gemeinsamen Singen... werden einige meiner Kompositionen zu hören sein, die einen Bezug zu meiner Arbeit in der Timotheuskirche haben und dort aufgeführt worden sind.
Das Magnificat schrieb ich als Studierender; es wurde 1959 durch meinen Studienkollegen Oskar Blarr in der Timotheuskirche aufgeführt – er spielte den Vibraphonpart. Aus der Zeit meiner Dozententätigkeit an der bis 1974 bestehenden Kirchenmusikschule stammen Psalmkompositionen und die Liedkantate von 1969. Schließlich wird ein Stück für einen unter anderem auch sprechenden und tippenden Schlagzeuger, das auf einen Text von Kurt Schwitters komponierte AUTASCHRATOSCHEMATHO aufgeführt (Neufassung). Hier werden einige jener absonderlichen Klangerzeuger (Wannenzither, Kreissäge, Küchengeräte etc.) ihr Stelldichein finden, die über drei Jahrzehnte in Musikstunden für Jugendliche und Studierende, in Workshops für hannoversche Schulklassen u. a. Verwendung fanden.“ (...)
Dafür, dass ich für meine musikalischen Unternehmungen in der Timotheusgemeinde Aufgeschlossenheit und großzügige Duldung erfahren haben, möchte ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank sagen.“

Zu danken hat an erster Stelle die Gemeinde – wir haben das bei der Verabschiedung am 3. Mai 1998 getan. Blumen hat er nicht bekommen – Schnittblumen fand er barbarisch.

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